Ein Lehrstück über Fehlerkultur und wer davon profitiert…
Was passiert, wenn eine Gruppierung, statt Fehler zuzugeben, einfach weitermacht? Dieses Lehrstück eigenmächtiger Demontage haben die Fraktionen von CDU und Freie Wähler/FDP in der Sitzung des Kreistags Sächsische Schweiz-Osterzgebirge (SOE) am 22. September 2025 in Pirna vorgeführt.
Was ist passiert?
Bereits im ersten Halbjahr 2025 haben Fraktionen einer gesichert rechtsextremen Partei in mehreren Kreistagen Anträge zur dauerhaften Beflaggung von Liegenschaften ihrer Landkreise eingebracht. Dies hat, wie am Beispiel des Landkreises Bautzen, große Kontroversen ausgelöst.
So kam es, wie es kommen musste: Am 23. Juni 2025 wurde ein entsprechender Antrag gestellt und am Folgetag schriftlich nachgereicht. Im Unterschied zum Landkreis Bautzen sollte die Debatte in SOE klein gehalten werden. Entsprechend „zahm“ fällt der Inhalt aus; er sieht eine Dauerbeflaggung nur dann vor, wenn ein Fahnenmast vorhanden ist: Einer der großen Unterschiede.
Sprung übers Stöckchen
Die Erfahrung zeigt: Das effizienteste Mittel gegen Extremismus heißt Widerstand und Ächtung. Statt den Antrag von vornherein abzulehnen, wurde ein Änderungsantrag gestellt und die Falle schnappte zu.
Die Einbringungsrede der CDU offenbart deren Gedankengänge und zugleich eine gewisse Überheblichkeit. Die Änderung sieht eine dauerhafte Beflaggung mit Europa-, Deutschland- und Sachsenfahne vor. In der Debatte versucht die CDU vergeblich, die völkisch-nationalistische Intention der Extremisten zu entlarven. Kurzerhand übernehmen die ursprünglichen Antragsteller die eingebrachte Änderung und machen sie sich zu eigen. In der Konsequenz ändert der Änderungsantrag nichts mehr, er verfällt.

Zum eigenen Fehler stehen
So steht nunmehr nur der ursprüngliche Antrag, modifiziert, zur Abstimmung. Meiner Meinung nach wird hier unser gesellschaftlicher Umgang mit Fehlern sichtbar. An vielen Stellen im Leben bleiben Fehler als dauerhafter Makel haften. Eine falsche Entscheidung im Lebenslauf kann die Karriere nachhaltig beeinflussen. Einem Scheitern wird die daraus resultierende Lehre nicht zugestanden, stattdessen wird es als Brandmal geächtet. Die Protagonisten von Union, Freien Wählern und FDP hätten sich an ihre eigenen Kooperationsverbote erinnern und die Handbremse ziehen können, doch offenbar wollte niemand einen Schandfleck riskieren.
Schleichende Normalisierung
So stimmen beide Fraktionen ohne Not zu, mit der Begründung, ihr Impuls sei vollständig eingeflossen. Das mag formal stimmen, doch im Ergebnis gibt es nur einen Gewinner: Extremisten können sich dank der aktiven Zuarbeit von CDU, Freien Wählern und FDP verharmlosen. Die Hürden für Zusammenarbeit sinken weiter und der Wolf erhält behutsam den Schafspelz.
Antrag im Ratsinformationssystem
Unvereinbarkeit CDU
Unvereinbarkeit FDP
Unvereinbarkeit Freie Wähler